Verabschiedung des Haushalts 2022: Rede von Hans-Georg Bachmann

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

auch über zwei Jahre nach den ersten Meldungen über die Ausbreitung des Corona-Virus, dem ersten Lock Down begrüße ich Kolleginnen und Kollegen, die aus begründeter Vorsicht zu Hause geblieben sind, zu dieser hybriden Sitzung.

Die Pandemie hat uns noch immer im Griff. Sie bestimmt unser Denken und Handeln. Das öffentliche Leben ist in Teilen immer noch eingeschränkt und die Wirtschaft erholt sich nur langsam.

Die Pandemie bestimmt auch unseren städtischen Haushalt und spannt die Lage nach der Diesel-Krise zusätzlich an. Das war die Situation, als der Haushalt am 19. Januar eingebracht wurde.

Bevor uns schreckliche Nachrichten aus der Ukraine erreichten und Putins Armee mit einem beispiellosen Überfall auf unseren europäischen Nachbarn begann. Nichts rechtfertigt diesen Krieg und das unermessliche Leid, was er verursacht. Es lässt sich schwer in Worte fassen, was für tiefes Entsetzen er in mir und vermutlich in uns allen auslöst. Und es lässt sich schwer absehen, was für Auswirkungen er auch auf unsere Stadt haben wird.

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind gefordert, zu helfen, wo wir helfen können. Geflüchteten Menschen ein neues „Zuhause“ zu geben und sie so gut wie möglich bei ihrem Start in ein neues Leben zu unterstützen. Sie in unserer weltoffenen Stadt willkommen zu heißen.

Aber auch in dieser Zeit müssen wir alle Maßnahmen in die Wege leiten, um unsere Stadt zukunftsfähig und stark aufzustellen. Wir wollen diese Krisensituation meistern und auch in Zukunft auf Herausforderungen vorbereitet sein!

Das heißt für die Gruppe SPD/Ratsherr Zimmermann: Wir brauchen einen Ausgleich zwischen den Erträgen und Aufwendungen unserer Stadt! Wir müssen zukünftig an den richtigen Stellen Einsparungen vornehmen, ohne an sozialen Dienstleistungen zu sparen! Und wir setzen auf Investitionen, die uns in Zukunft Erträge sichern und Kosten minimieren!

Der Weg aus der Krise hat an einer Stelle schon begonnen. Volkswagen hat sich dazu entschieden das Projekt „Trinity“ in Wolfsburg anzusiedeln. Das haben wir zu einem großen Teil der Arbeitnehmervertretung und Betriebsratschefin Daniela Cavallo zu verdanken! Die neue Fabrik bei Warmenau bedeutet eine langfristige Perspektive für die Belegschaft! Ein deutliches Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Wolfsburg und Konkurrenzfähigkeit im Bereich E-Mobility für Volkswagen!

Darüber hinaus sind weitere Erwartungen an „Trinity“ geknüpft. Natürlich hoffen wir auf ansteigende Gewerbesteuer-Einnahmen und einen Schub für die Attraktivität und Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Wolfsburg mit noch größerer Strahlkraft in die Region und das Land hinein. Wir plädieren für eine schnelle, aber weitsichtige Umsetzung in engem Austausch mit Politik und Interessenvertretungen!

Volkswagen schlägt in Wolfsburg den Weg Richtung Zukunft ein. Im Zentrum steht hier auch der Campus Sandkamp mit Baubeginn am Ende des Jahres. Der Campus ist unverzichtbar für das Unternehmen und – eng verknüpft – unsere Stadt, denn die Zeiten haben sich geändert. Die stärkere Abstimmung und Vernetzung mit IT-Experten in interdisziplinären Teams sind unerlässlich. Auch im Hinblick auf die zuletzt brüchigen Lieferketten steht die Konzentration auf eigene Potentiale und Innovationskraft Volkswagen und Stadt gut zu Gesicht.

Darüber hinaus müssen wir aber auch einen weiteren Umstand im Auge behalten. „Warmenau“ war die letzte große und sofort verfügbare Gewerbefläche unserer Stadt. Mit Blick in die Zukunft und auf die gute Entwicklung unseres Wirtschaftsstandortes ist es uns wichtig, jetzt aktiv mit der Suche nach weiteren Gewerbeflächen im Stadtgebiet zu starten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit Weitsicht müssen wir die Entwicklung unseres Wirtschaftsstandorts planen. Wir schaffen die Voraussetzungen mit dem Ausbau der Infrastruktur, einem klugen und ganzheitlichem Verkehrskonzept, der Schaffung von Wohnraum für alle Wolfsburger*innen und Neu-Wolfsburger*innen. Wir wollen, dass jedem neuen Mitarbeiter und jeder neuen Mitarbeiterin eine passende Wohnung in unserer Stadt angeboten werden kann.

Und wir haben unsere Umwelt immer im Blick! Denn hier tragen wir als Kommune auch eine ganz besondere Verantwortung. Wir als Kommune stehen beim Kampf gegen globale Umweltherausforderungen an vorderster Front. Deshalb haben wir mit der Gruppe Bündnis90/Die Grünen/FDP/Volt einen Antrag zur Umsetzung einer lokalen Agenda 2030 gestellt. Wir haben die Verantwortung unseren Planeten zu erhalten und das muss sich in unserem Tun widerspiegeln!

Wir haben eine Reihe von Anträgen eingebracht, die unsere Intention deutlich machen. Wir wollen mit Entschlossenheit ein klimaneutrales Wolfsburg. Mit Photovoltaik auf allen städtischen Gebäuden, besonders auf denen unserer größten Energieverbraucher, der EisArena und dem BadeLand. Mit einer kommunalen Wärmeplanung, Energiemanagementsystem und einem verlässlichen Klimamanagement unter Nutzung von Förderprogrammen! Dabei lassen sich auch langfristig hervorragend immense Stromkosten einsparen, die den Haushalt entlasten.

Die Gruppe SPD/Ratsherr Zimmermann setzt ihren nächsten Schwerpunkt im Bereich Soziales. Als Stadt Wolfsburg fördern wir über 30 soziale Einrichtungen. Einrichtungen, die sich während der Corona-Pandemie zusätzlichen Herausforderungen gegenübersahen und sehen. Einrichtungen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, die Menschen in Wolfsburg und darüber hinaus Halt geben. Unter anderem mit viel ehrenamtlichem Engagement!

Wir legen Wert darauf, dass soziale Einrichtungen weiterhin Förderung erhalten und dass sie nicht Einsparungen zum Opfer fallen. So setzen wir uns dafür ein, dass auch der AktivTreff in der Wolfsburger Nordstadt mit 27.000 € bedacht wird. Diese Summe war im Zuge der Neustrukturierung der Quartiersarbeit nicht eingestellt und für viele ältere oder hilfsbedürftige Menschen wäre ein wichtiger Anlaufpunkt gestrichen.

Unsere Gruppe setzt sich gemeinsam mit den Kolleg*innen von Bündnis90/Die Grünen/FDP/Volt auch für eine Aufstockung der Stelle der Hauswirtschaftskraft im Wolfsburger Frauenhaus ein, was mit Mehrkosten von etwa 16.000 € verbunden ist. Das ist dringend notwendig, um der gestiegenen Belastung und dem zusätzlichen Beratungsbedarf gerecht zu werden und auch dieses Anliegen hat direkten positiven Einfluss auf das Leben einer vulnerablen Gruppe in unserer Gesellschaft.

Mit einem weiteren Antrag wollten wir, die SPD und Ratsherr Zimmermann, auf einen Missstand aufmerksam machen und ihn beheben. Wie ich bereits gesagt habe, fördert die Stadt viele soziale Einrichtungen und das auch bei den Personalkosten. Nicht berücksichtigt wurden hierbei seit 10 Jahren tariflich bedingte Kostensteigerungen. Als Vertreter*in der Arbeitnehmer*innen stehen SPD und Ratsherr Zimmermann für Tariflöhne und gerechte Bezahlung. Diese sollten soziale Einrichtungen, die auf Förderung angewiesen sind, aber nicht zusätzlich belasten. Wir fordern von der Stadt deshalb die Kompensation dieser Kostensteigerung. Leider hat dieser Antrag im Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist für uns das Thema Bildung und Ausbildung. Für eine zusätzliche Maßnahme zur Förderung des Zweiten Bildungsweges für Menschen mit Fluchterfahrung zum Erwerb des Haupt- oder Realschulabschlusses, konnten wir im Finanzausschuss 60.000 € in den Haushalt aufnehmen. Leider hat das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Förderung in diesem Jahr eingestellt. Aus unserer Sicht wäre es aber fatal, das Projekt in der Zwischenzeit einzustellen. Wir dürfen nicht riskieren, dass dieser vulnerablen Gruppe dann die Möglichkeit verwehrt bleibt, eine Ausbildung zu machen und Gefahr zu laufen, in prekäre Arbeitsverhältnisse oder Arbeitslosigkeit abzurutschen. Somit wären sie möglicherweise dauerhaft auf Transferleistungen der Stadt angewiesen. Wir wollen diesen Menschen eine Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft geben.

In eine ähnliche Richtung zielt ein weiterer Antrag unsererseits. Der Regionalverband für Ausbildung leistet seit Jahren gute Arbeit und unterstützt Auszubildende sowie Ausbildungsbetriebe bei der Qualifizierung der jungen Menschen mit Lern- und Sozialdefiziten. Durch die Schaffung von fünf zusätzlichen Ausbildungsplätzen (15.300 €) können spätere Transferleistungen und die damit verbundenen persönlichen Schicksale vermieden werden.

Die psychische Belastung von Schüler*innen hat in den letzten zwei Jahren, bedingt durch die Coronapandemie, stark zugenommen. Die Prävention von langanhaltenden psychischen Störungen hat für uns höchste Priorität. Deshalb sind wir froh, dass das Budget für zwei Stellen für Psycholog*innen (etwa 156.000 €), auf unseren Antrag hin, für die nächsten Jahre im Haushalt aufgenommen wurde.

Wir haben uns aber auch Gedanken gemacht, wie wir die zusätzlichen Mittel kompensieren können. Die Stadt verkauft seit Jahren Erbbaugrundstücke an die Erbbauberechtigten auf Antrag. Wir wollen, dass die Verwaltung aktiv wird und den Erbbauberechtigten ein Kaufangebot unterbreitet. Das soll aber nicht in Form einer „Drücker-Kolonne“ erfolgen. Den Interessenten sollen in einem Beratungsgespräch die Vor- und Nachteile erörtert und, wenn gewünscht, der Kauf organisiert werden. Wir erhoffen uns damit ca. 1 Mio. € an Mehreinnahmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir freuen uns, dass die Schwerunkte im Investitionsprogramm der letzten Jahre weitergeführt werden. Rund 30% der Investitionen von 71,1 Mio € gehen in das Themenfeld „Familie und Bildung“. Exemplarisch möchte ich hier die Planungskosten für die Kindertagesstätten in Heiligendorf und Barnstorf nennen. Bei den Schulen hat für uns, neben dem Hauptgebäude des Ratsgymnasiums, das Bildungs- und Freizeitzentrum Westhagen sowie die Primarstufe der Leonardo da Vini Schule hohe Priorität. Ich danke Stadträtin Iris Bothe für die gute und engagierte Arbeit, die an die vergangenen Jahre nahtlos anschließt.

Wir begrüßen außerdem, dass für „Sicherheit und Ordnung“ 15% der Investitionen geplant sind. Hier möchte ich den Bau der Hauptwache der Berufsfeuerwehr hervorheben. Mittel für die Baufeldfreimachung und weitere Planungsmittel stehen im Haushalt bereit. Bei den Freiwilligen Feuerwehren wird die Wache in Hattorf in diesem Jahr gebaut und die Planungsmittel für Kästorf und Fallersleben stehen zur Verfügung. Es geht voran.

Die Wohnbauoffensive ist für unsere Gruppe SPD/Ratsherr Zimmermann weiterhin ein Schwerpunkt. Priorität sehen wir momentan in der Entwicklung des Sonnenkamps. In dem Zusammenhang ist es für uns wichtig, dass die Verkehrsplanung Süd-Ost mit der Alternativen Grünen Route und dem Komfortradweg Hehlingen-Berliner Ring sowie der Campus Sonnenkamp samt Grundschule weitergedacht werden müssen.

Genauso wichtig wie die Schaffung von günstigem Wohnraum in Innenstadtnähe durch Nachverdichtung ist für uns die Weiterentwicklung von Wohngebieten mit hohem Anteil an Einfamilienhäusern wie der Fuhrenkamp, Wiedbusch und Krummer Morgen. Ziel muss es sein, Wolfsburgerinnen und Wolfsburgern alle Wohnformen anbieten zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte last but not least auch noch einmal auf unser städtisches Klinikum zu sprechen kommen. Spätestens die Pandemie hat uns noch einmal drastisch vor Augen geführt, wie wichtig ein gut funktionierendes und hocheffizient arbeitendes Klinikum ist. Wir sind sehr froh, dass uns auch das Land bei der Sanierung und dem Ausbau des Zentralen Operationsbereichs und des Kreißsaals kräftig unterstützen wird. Dank an unsere Abgeordnete Immacolata Glosemeyer für ihren Einsatz in Hannover.

Besonders stolz sind wir, dass nach der Initiative unseres ehemaligen Oberbürgermeisters Klaus Mohrs und unserer Stadträtin Monika Müller der Kooperationsvertrag des Klinikums mit der Uniklinik Göttingen „steht“ und unser Klinikum jetzt der zweite Ausbildungsstandort der Universitätsmedizin Göttingen ist! Davon werden wir in Zukunft ungemein profitieren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lieber Andreas Bauer,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sie haben bereits bei der Einbringung des Haushalts am 19. Januar in Ihren Reden auf die hohen Personalkosten hingewiesen. Die Entwicklung sehen wir auch kritisch!

Wir stimmen mit dem Oberbürgermeister und Kämmerer überein, dass der stetige Stellenzuwachs innerhalb der Verwaltung in dieser Form nicht mehr zu finanzieren ist. Wir, als Sozialdemokrat*innen, stehen zu unserer Zusage: Mit uns wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben! Wir möchten, mit einer Verwaltungsmodernisierung beginnend, mit einer genauen Prozessanalyse und Aufgabenkritik und im Zuge der Digitalisierung schauen, an welchen Stellen noch effizienter, bürgerorientierter und letztlich auch arbeitnehmerfreundlicher gearbeitet werden kann. Wo können Arbeitsprozesse optimiert werden? Wo kann Zeit gespart werden? Wie und wo können durch gezielte Qualifizierungsprogramme neue Perspektiven und Arbeitsfelder eröffnet werden?

Das alles beginnt mit ehrlicher Aufgabenkritik. Das alles beginnt mit einem transparenten Reformprozess unter aktiver Beteiligung der Beschäftigten aller Ebenen, in stetigem Austausch mit dem Personalrat und der Politik.

Bevor ich zum Ende meiner Rede komme, möchte ich es mir nicht nehmen lassen, mich noch einmal auf die Einbringung des Haushalts und die Presseberichterstattung zu beziehen, in welcher die Politik, angesichts der schwierigen Haushaltslage, gebeten wurde, sich mit haushaltsrelevanten Anträgen „zurückzuhalten“. Sehr geehrte Damen und Herren, in dem Ihnen vorliegenden Haushaltsplan 2022 sehen sie acht von der Gruppe SPD/Ratsherr Zimmermann unterstützte Anträge verankert.

Dass der Haushalt defizitär ist, hat nichts mit diesen von der Politik eingebrachten Anträgen zu tun. Es ist unsere Aufgabe, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger mitzugestalten und ich bedanke mich an dieser Stelle für die überwiegend gute Zusammenarbeit und den konstruktiven Austausch mit einem großen Teil des Rates.

Nun danke ich aber vor allem unserem Kämmerer, Andreas Bauer, und den Mitarbeitenden aus dem Geschäftsbereich Finanzen für die mit Sicherheit sehr fordernde und gute Arbeit im Zuge der Haushaltsaufstellung. Ich bedanke mich auch bei Peter Wagner und dem Personalrat für den guten Austausch im Prozess der Haushaltsberatung.

Wir, als Gruppe SPD/Ratsherr Zimmermann, finden einen Großteil unserer Anträge im Haushalt wieder und werden dem Haushalt zustimmen.