Besondere Zeiten erfordern auch ein besonderes Handeln: So ehrte der SPD-Ortsverein Stadtmitte dieses Jahr Otto Wels und seine berühmte Rede gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auf dem Otto-Wels-Platz trafen sich stattdessen Ortsbürgermeister Detlef Conradt, die stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Elke Zitzke und Bürgermeister Ingolf Viereck (Foto von links) und zu einem gemeinsamen Gedenken.
In seiner Rede vom 23.03.1933 sprach Otto Wels auch seinen bewegenden Satz: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Mit seinem Wortbeitrag begründete Wels für die SPD-Fraktion die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der Nazis, dem Gesetz, mit dem die Reichsregierung fortan auch ohne Zustimmung des Parlaments Gesetze beschließen konnte. Stellvertretend für die SPD verweigerte Wels den Nazis die Gefolgschaft. Die SPD war die einzige Fraktion im Reichstag, die gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte.
In ihren kurzen Ausführungen würdigte Elke Zitzke den Mut von Otto Wels, sich Hitler im Reichstag unter Lebensgefahr entgegenzustellen. Zitzke schilderte zudem die dramatische Situation im Reichstag, in der bewaffnete SA- und SS-Leute den Block der SPD-Abgeordneten versuchten massiv unter Druck zu setzen und einzuschüchtern.
Bürgermeister Ingolf Viereck stellte in seinen Worten einen Bezug zur aktuellen politischen Situation her. „Wie Otto Wels damals müssen wir auch heute den Kampf führen – gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung und für die Freiheit.“ Dabei erinnerte Viereck an die fremdenfeindlichen Anschläge der vergangenen Monate: „Die Feinde der Demokratie stehen rechts. Die Morde in Hanau, Halle und am Kasseler Regierungspräsidenten belegen dies mit aller Deutlichkeit.“ Nach Aussage des Bürgermeisters ist jeder einzelne gefordert. „Wir mussten erleben, dass aus Gedanken Worte wurden und ihnen Taten folgten. Die schweigende Mehrheit darf nicht weiter schweigen“, so Viereck. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Der Artikel 1 des Grundgesetzes ist für Viereck eine gemeinsame Verpflichtung aller Demokraten.